Zur Technik der Wasserkraftanlage

Das große Ziel war, im Rahmen der Sanierung des gesamten Mühlenkomplexes mit minimalen Eingriffen in die Umwelt und ohne das Ambiente der Alten Mühle zu zerstören, umweltfreundlich CO2-neutralen Strom zu erzeugen.
So kam nur der Neubau eines mittelschlächtigen Wasserrades, wie es zur Zeit der Weberei in Betrieb war, infrage. Mit verkürztem Unterwassergraben, um die Umweltschäden vertretbar zu halten.
Im Herbst 1999 wurde von uns ein neues Wasserrecht für den Betrieb eines mittelschlächtigen Mühlrad zur Energieerzeugung beantragt.

 

Nach beantragten, genehmigten und erfolgten Probeschachtungen konnten das Einlaufbauwerk, die Radkammer und der Freischuss wieder ans Tageslicht gebracht werden, damit man die erforderlichen Eckdaten erfassen konnte.

 

Der von uns beauftragte Wasserbauingenieur konnte nun unseren Antrag auf das Wasserrecht mit diesen Angaben vervollständigen.

  • Ableitungsmenge = Schluckvermögen bei Volllast: 2,4 m³/s
  • Restwasser in der Ausleitung: mindestens 1,5 m³/s
  • Fallhöhe: 2,3 m
  • elektrische Leistung: 30 kW, bei einem Jahresertrag von 118000 kWh
  • Breite des Rades: 3 m
  • Durchmesser des Rades: 5,3 m
  • Drehzahl des Rades: 5,5 U/min
  • ein Wehraufsatz von 40 cm wäre möglich, wurde aber nicht genehmigt
  • Fischaufstieg Breite: 9 m, Länge 23 m als Raugerinne
  • Fischabstieg durch das Rad, deshalb Stababstand im Rechen: 8 cm


Nach ca. 9 Jahren Bearbeitungszeit und Klage gegen das Regierungspräsidium Chemnitz wurde das Wasserrecht erteilt. Diese Zeit nutzten wir, um die Mühlgräben freizulegen welche zwar vollständig verfüllt waren, aber glücklicherweise nie offiziell rückgebaut wurden. Es wurden von uns 980 t „Z2“ Sondermüll ausgebaggert und entsorgt. Das Ganze ohne Förderung durch den Freistaat, denn diese hätte es erst nach „Bewilligung der Arbeiten“ gegeben.
Aus dem Grund, da uns auch die Stabilisierung der Mauerkronen und Mauerreste untersagt wurde unter der Begründung, das dies einem vorzeitigen Baubeginn gleichkäme, fielen bei der Hochwasserkatastrophe 2002 die Schäden recht hoch aus.

Beim Bau der Anlage legte ich großen Wert darauf, diese „alt“ aussehen zu lassen. So wurden alle Steuerungs- und Überwachungselemente weitgehend versteckt eingebaut. Das Herz der Anlage ist eine moderne SPS-Steuerung mit Computerüberwachung und Fernzugriff.

Das Einlaufbauwerk

Die Einfassung ist aus zugeschnittenen Porphyrsteinen aufgesetzt, der Schieber wird in U-Eisen geführt. Der Schieber ist 3,20 m breit bei einer Höhe von 2 m.
Die erste Schieberplatte war aus Holz und wurde vom Hochwasser 2013 zerstört. Sie wurde von mir durch eine Stahltafel ersetzt, die wiederum von hinten verstärkt ist.
Diese Schieberplatte schließt und öffnet vollautomatisch, denn sie reguliert den Wasserstand im Obergraben. Zusätzlich ist sie mit einem Dahlanderantrieb ausgestattet, um bei drohender Hochwassergefahr eine kurze Verschlusszeit zu haben. Der Dahlanderantrieb besitzt 2 Geschwindigkeiten, mit der langsamen kann das Wehr quasi millimetergenau in der Höhe gesteuert werden, die schnelle dient zum schnellen Öffnen oder Schließen bei Havarien. 

Das Wehr

Der Fachbaum ist aus Eichenholz gefertigt, 33 m lang und befindet sich in einer Höhe von 247,47 m über NN.
Das Wehr ist ein sogenanntes „Streichwehr“ oder wird auch „Gleitsohle“ genannt, ist in Holzkastenbauweise gefertigt, welche wiederum mit Granitsteinen ausgesetzt und diesemiteinander verkeilt wurden.

 

Das Mühlrad

Das Rad ist ein mittelschlächtiges „Zuppinger“-Rad mit Schaufeln aus Lärchenholz. Bei einer Breite von 3 m misst es in der Höhe 5,3 m und besitzt 36 Schaufeln. Bei dieser Bauart sind die Schaufeln gebogen, um einen optimalen Wasserein- und austritt zu gewährleisten. Das Oberwasser steht auf Wellenhöhe an und wird durch einen schräg stehenden „Poncelet“-Schütz, der wie eine Düse wirkt, auf die Schaufeln geleitet.
Die Laufgeschwindigkeit des Rades beträgt 5,5 U/min oder 91,5 m/min Umlaufgeschwindigkeit. Zusätzlich wurde das Rad ausgewuchtet und mit einer zusätzlich angebrachten Abspannung stabilisiert. Das Rad hat einen Abtrieb auf beiden Seiten.

 

Der Poncelet

Der Ponceletschütz dient der geregelten Wasserzuführung für das Mühlrad. Er hat eine Breite von 3 m, ist 1,5 m hoch und hat einen Neigungswinkel von 60°. Er ist aus Eichenholz gefertigt, 2teilig übereinander. Der Hauptteil, mit dem Antrieb, ist für die Steuerung des Rades und für die Einhaltung des Oberwasserspiegels, zusammen mit dem Kanaleinlaufschütz, zuständig.

Zusätzlich ist er mit einem Dahlanderantrieb ausgestattet um im Falle einer Havarie die Anlage mithilfe einer Notstromversorgung in einer Zeit von ca. 10 Sekunden zum Stehen zu bringen.
Der 2. obere Teil ist für die Zeit des Niedrigwassers, wenn das Rad im Leerlauf nur zum Befeuchten der Schaufeln läuft. Dabei hat es ein Schluckvermögen von 100 l/sek bei 2 U/min.

Das Getriebe

Das Getriebe ist eine Kombination aus einem 3-stufigen Zahnradgetriebe und einem Riementrieb und macht aus 5,5 U/min Raddrehzahl 1450 U/min Generatordrehzahl. Dabei überträgt es 15 KW je Abtriebsseite.

Zum Zahnradgetriebe: I. Stufe 1:3
                                        II. Stufe 1:7
                                       III: Stufe !.10 – dann genaue Anpassung mit Riementrieb.

Beim Anfahren der Anlage wird der Generator mit Wasserkraft auf Nenndrehzahl von ca. 1400 U/min gebracht, dann erfolgt die Zuschaltung, der Generator beschleunigt als Motor auf 1450 U/min bei 50 Hz und nun beginnt das Wasserrad den Generator über seine Drehzahl anzuheben und es beginnt die Netzeinspeisung.

 

Der Freischuss

Dieser befindet sich neben dem Feinrechen. Er ist 2,2 m breit und 1,95 m hoch und lässt sich per Knopfdruck öffnen und schließen. Er ist aus Fichtenholzbalken gefertigt, genutet und mit Federn abgedichtet. Durch ihn lässt sich das natürliche Rechengut (Laub) abspülen und er dient als Grundablass bei Wartungsarbeiten.

Die Rechen

Der Grobrechen mit 50 cm Stababstand befindet sich am Einlaufbauwerk. Er dient dazu, größere Verschmutzungen von der Anlage fernzuhalten und damit im Fluss zu belassen.

Der Feinrechen mit 8 cm Stabweite befindet sich vor der Spülrinne, beides zusammen findet man am Laufsteg vor dem „Poncelet“. Der Stababstand von 8 cm wurde genehmigt, da der Fischabstieg durch das Rad erfolgen sollte.

Der Lachsrechen im Unterwassergraben ist direkt vor der Wiedereinleitung in die Chemnitz hat eine Stabweite von 10 cm um zu vermeiden, das große Lachse von außen in den Graben schwimmen. Der Rechen ist für die Reinigung per Hand schwenkbar.

Leider konnte die Anlage nicht vollständig nach Projekt gebaut werden. Da die SAB-Bank wegen eines Verfahrensfehlers die ordnungsgemäß verwendete Fluthilfe von 2002 vollständig, zuzüglich 5,5% Zinsen zurückverlangte, platzte unser Bankkredit. Unser Fehler war, dass Herr statt Firma im Grundbuch steht, eine nachträgliche Umschreibung akzeptierte die SAB-Bank nicht. Das Landratsamt weigerte sich, die Baufreigabe nach 6 Jahren zu verlängern und so mussten wir mit vorhandenem Material improvisieren.
Balken von Abrisshäusern, Getriebe, Generator und Kleinteile vom Gebrauchtmaschinenhandel bilden die Grundlagen der Konstruktion. Besonders schwer war es, eine passende Wasserradwelle zu bekommen. Als Kompromiss verwendeten wir eine Welle mit 16 cm Durchmesser statt der geforderten 24 cm. Aus diesem Grund konnten am Rad nur 18 statt der geplanten 36 Schaufeln montiert werden. Auch muss der Lastabtrieb dadurch an beiden Seiten des Rades erfolgen, was wiederum dazu führt, das die Seitenansicht desselben verloren gegangen ist.

Dies alles kostet Geld, viel Geld. Geld, das wir nicht haben. Ein weiterer Faktor war fehlende Zeit, ich musste jetzt ja nun vieles selbst konstruieren.
Was wiederum dazu führte, dass der Fischaufstieg nicht termingerecht begonnen werden konnte. Als wir dann bauen wollten, verweigerte das Landratsamt den Weiterbau wegen der abgelaufenen Baufreigabe. „Das Wasserrecht ist erloschen“- so die Begründung der Behörde.

Ein neu beantragtes Wasserrecht brachte neue Auflagen:

    • Restwasser im Fluss 1,5 m³/sek,
    • Fischaufstieg neu Breite 12 m, Länge 32 m als Raugerinne, das ist ca. 30% größer als vorher,
    • Zusätzlich noch ein Fischabstieg mit einer Breite von 2m und einer Länge von ca. 20 m, welcher zu einer weiteren Ertragseinbuße von ca. 30% führt,
    • zusätzlich ein Lachsfeinrechen mit 8 mm Stababstand vor dem Rad

                und obendrein noch Ausgleichsmaßnahmen wie z.B. Häuserabriss. 

Unter diesen Auflagen ist die Wasserkraftanlage nicht kostendeckend zu betreiben, da sich der Jahresertrag von 118000 KWH auf 85000 KWH verringert.

Aber immerhin haben wir in einem 2-jährigen Probebetrieb, der mit vielen kleinen und großen Havarien wie z.B. Getriebebrüchen und damit verbundener Ausfallzeiten behaftet war, 98437 KWH umweltfreundlichen Strom erzeugt.

Stand 3.4.2023
Gerd Bussenius

PS: Und manchmal bekomme ich Post…

Quellenangaben:
– eigene Fotografien
– Wikipedia

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