Historie

Vor langer Zeit

Zum ersten Mal wurde die Mühle urkundlich 1528 in den Zinsbüchern des Kloster Zschillen, heute Wechselburg, als Dinkelmühle der Familie Schuricht erwähnt. Das Gebäude brannte allerdings unbekannten Datums ab. Von ihr blieben nur das hofseitige Torportal sowie rechts und links die Gewölbe erhalten.

Das linke Gewölbe war beheizbar und diente wahrscheinlich als Schreibstube, denn hier musste jeder vorüber der in die Mühle wollte. Das Verbindungsgewölbe war ebenfalls beheizt und hatte vermutlich die Funktion als Kundenempfang und Aufenthaltsraum. Das rechte Gewölbe, unbeheizt und 2 Stufen tiefer gelegen, diente als Speisekammer mit original vergittertem Fenster.

Der Grundstein

Den Grundstein von 1771 fanden wir bei der Freilegung des .Oberwassergrabens. Er war fest in die Mauer verbaut und ist insofern bemerkenswert, da er nach seiner Reinigung interessante Dinge über die damaligen Bewohner der Mühle verriet. Man könnte meinen, es handelt sich um ein mittelalterliches Klingelschild.

Die Inschrift des Steines, soweit erkennbar:

Gemeinde M(arkersdorf)
Joh. Samuel S…… J……ue (wahrscheinlich Geldgeber, da er über dem Bauherrn steht).
Anno      Gottlieb Schuricht Heimbürge       1771 (Bauherr)
Joh. Michael Mäßig Zimer Mstr
Joh. Daniel Lungwitz Mauer Mstr

Der Neubau

Im Jahre 1771 wurde unter Einbeziehung der Reste der alten Mühle mit dem Neubau begonnen. Diesmal als Öl- und Brettmühle mit 2 Wasserrädern, die meiner Recherche nach mit einer Leistung von 70 PS = 49 kW eingetragen waren. Dabei muss man beachten, das die damaligen Maßangaben recht ungenau waren. Auch gibt es Hinweise auf landwirtschaftliche Nutzung.

> siehe Lageplan von 1771 <

Das Gebäude Nr.7 ist das Mühlengebäude mit seinem mittelschlächtigen Wasserrad. Dieses hatte eine Breite von 2 m und vermutlich auch schon einen Durchmesser von 5,3 m. Vollständig aus Holz gebaut trieb es die Ölmühle an. Fundamentplatten von dieser sind noch im Getriebekeller (Maschinenraum) erhalten. Bei I bis III handelt es sich um die Gewölbe der 1. Mühle.
Direkt über dem Wasserrad, oben aus dem Giebel heraus, war eine Art Galgen installiert, also ein Aufzug. Darauf weist das viel zu niedrig eingesetzte Fenster noch heute hin. Auch gehen deutliche Spuren von montierten Schienen über den Fußboden, wahrscheinlich um schwere Lasten von und zum Aufzug zu transportieren. Es ist auch möglich das der Aufzug mithilfe des Mühlrades betrieben wurde, sonst hätte man ihn ja auch gegenüber, über der Hofeinfahrt montieren können.
Vom Sägewerk konnten noch keine Fundamente gefunden werden, vielleicht befand es sich auf der Insel oder als Überbau des Oberwassers vom Mühlgraben.
Mauerreste im Hof können nicht sicher zugeordnet werden, sie könnten von einer Scheune stammen.
Das Haus Nr. 13 hat im Erdgeschoss ein Kreuzgewölbe auf Porphyrsäulen, es diente als Viehstallung. Im Obergeschoss könnten Gesindekammern gewesen sein.

Des Weiteren ist überliefert, das der letzte Müller Schuricht, vermutlich der Sohn von Gottfried Schuricht, welcher ebenfalls Mühlenbaumeister war und die nun folgenden Umbauten selbst projektiert hat.

Das Türportal

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Das auch heute noch recht gut erhaltene Portal der Eingangstür von 1814 zeigt die Eintragung ins Mühlenregister und ist zugleich auch das Zunftzeichen für den Mühlenbauer.
Es beinhaltet einen Zirkel mit Winkel – das Zunftzeichen für den Baumeister, ein halbes Wasserrad – für die Wassermühle, ein „S“ für den Baumeister Schuricht und eine Spindel für die Textilindustrie.

 

Der Umbau

Nachfolgende Recherchen sind nur schwer zu belegen, vieles sind Aussagen von Zeitzeugen.
Inwiefern das Sägewerk in die Umbauarbeiten mit einbezogen wurde ist nicht bekannt, aber in den 1950er Jahren wurden auf der Insel Teile von Gleisanlagen, wie sie in Sägewerken Verwendung finden, demontiert.
Die Ölpresse wurde schon um 1820 abgebaut und an selber Stelle errichtete man später ein Getriebe aus Zahnrädern und Flachriemen, um die Drehzahl des Wasserrades von ca. 5 U/min auf eine Transmissionsdrehzahl von 60 U/min zu erhöhen. Hierfür wurde auch neben dem Wasserrad noch ein Vorgelege angebaut. Das große Zahnrad hatte einen einen Durchmesser von 2,70 m, das kleine von ca. 1,20 m mit 80 Zähnen.

 

Die Scheune im Hof wurde abgerissen und durch den Neubau Haus Nr. 15 ersetzt, in dem Spinnereimaschinen mittels Transmission betrieben wurden. An Stellen, wo der Putz an den Wänden fehlt, kann man noch heute Durchbrüche für den Riemenlauf finden.
Wahrscheinlich auch zu dieser Zeit wurde das Haus Nr. 9 in die Einfahrt gebaut und der Weg außen um das Mühlengut geführt. In diesem Haus gab es zu dieser Zeit nur mit Hand angetriebene Webstühle, allerdings auf 2 Etagen. Das begründet die hohen Räume von 3,80 m und die 12 großen Fenster je Etage. Beide Häuser waren wohl damals nicht beheizt denn die Schornsteine standen mitten im Raum bzw. vor dem Fenster.

 

Der Verkauf

Im Jahre 1820 wurde die Spinnerei an die Firma „C.A. Tetzner & Sohn“ aus Burgstädt verkauft. Herr Schuricht übernahm nun die Projektierung der neuen Wasserkraftanlage im Schweitzerthal.
1870 erfolgte dann der Verkauf des gesamten Mühlengutes an die Fa. Tetzner, diese richtete eine Türkischrotfärberei ein. Zu dieser Zeit wurde dann wohl auch das Auszugshaus Nr. 5 errichtet und vielleicht auch der Umbau der Wasserkraft angeschoben, in dem Falle also eine Verbreiterung des Wasserrades.
Auf jeden Fall wurde Haus Nr. 11 mit Kesselanlage, Dampfmaschine und großer Esse, welcher jetzt zur Hälfte auf der Straße vor Haus Nr. 11 stände, später errichtet, denn Haus Nr. 9 hatte auf dieser Seite auch Fenster.

Leider konnte ich bis jetzt den Einbautermin für die Dampfmaschine noch nicht genauer bestimmen. Auch ist bis heute noch unklar, wie lange hier überhaupt produziert wurde. Ebenso ist der Verbleib des Sägewerks unbekannt, sowie die landwirtschaftliche Nutzung im Erdgeschoss des Haus Nr. 13.
> siehe Lageplan von 1871 <

 

Wohnungsumbauten

Um die Gebäude für Wohnzwecke umzubauen, mussten Wände und Türen in das Haus Nr. 9 eingebaut werden. Dies geschah dem Baustil nach um 1920. Dazu gehörten Trockenaborte im Treppenhaus und im Anbau des Schuppens der Dampfmaschine. Trinkwasser war ebenso nur auf der halben Treppe zu erhalten, da gab es 2 Ausgüsse für 4 Wohnungen, sowie 2 Schornsteine pro Wohnung mit Anschlüssen für 3 Öfen. Ähnlich verhielt es sich auch bei Haus Nr. 15 hier befanden sich die Trockenaborte im Erdgeschoss von Haus 13.
Im Haus Nr. 13 wurde das alte Treppenhaus entfernt und die Zwischendecke wurde mit einem Tonnengewölbe verschlossen, um weiteren Wohnraum zu gewinnen. Ein neues Treppenhaus wurde an der Straßenseite angebaut. Durch Ausbau des Dachgeschosses gewann man noch 1 Wohnung dazu. Ein Schornstein wurde noch zusätzlich eingezogen, da die alten nur vom 1. Obergeschoss aus nutzbar waren.
So wurden denn auch im Haus Nr. 11 die Kesselanlage und die Esse abgerissen. Die Toreinfahrt wurde zugemauert, neue Fenster aufgebrochen und Wände und Decken eingezogen. Ergänzt wurde das Ganze durch einen Ausguss mit Wasserhahn und Trockenaborte zwischen Haus Nr. 9 und 11.
Im Haus Nr. 7 waren am wenigsten Umbauarbeiten nötig, da in die 2 Wohnungen der Familie Schuricht im 1. Obergeschoss schon immer komfortabel ausgestattet waren. Wer diese in der Zeit der „Türkischrotfärberei“ bewohnte, ist nicht bekannt.
Im Untergeschoss wurden alle Maschinen und Transmissionsteile entfernt. Der große Raum, in dem die Ölmühle stand, wurde bis auf Höhe der Haustürschwelle mit Bauschutt verfüllt, auch hier erfolgte der Umbau zur Wohnung. Genauso wie gegenüber in den Verkaufs- und Verwaltungsräumen.
Nach dem Krieg beherbergte der Mühlenkomplex 19 Wohnungen in verschiedenen Größen. Von geteilten Wohnungen in Haus Nr. 5 und 7 bis zur Vermietung von Dachkammern war alles möglich:

· Haus Nr. 5: 2 Stück, Haus Nr. 7: 6 Stück, Haus Nr. 9: 4 Stück, Haus Nr. 11: 2 Stück, Haus Nr. 13: 3 Stück, Haus Nr. 15: 2 Stück.

Die jüngere Vergangenheit

In den 1950er bis 1960er Jahren waren umfangreiche Sanierungsarbeiten nötig, da die Bombentreffer der Alliierten Ende des 2. Weltkriegs ihre Spuren hinterlassen hatten. Das eigentliche Ziel, der nahe gelegene Bahnhof Markersdorf/Taura, wurde nur leicht beschädigt.
So wurde in Haus Nr. 7 das Dach von Schiefer auf Ziegel umgedeckt und die einzelnen Dachgauben zu einer einzigen zusammengefasst, aber nur von außen. Im Hof musste ein Stück Fachwerk durch eine Ziegelmauer ersetzt werden und auf der Südwestseite wurde das Fachwerk mit „Sauerkrautplatten“ verblendet. Im Haus Nr. 9, das im Vorgarten einen Bombentreffer erhielt, wurde das Dach neu abgedichtet, neue Verbundfenster eingebaut und z.T. außen neu verputzt. Haus Nr. 13 bekam auch ein neues Dach und auch hier wurde Fachwerk durch Mauerwerk ersetzt.
1946 gehörte die Mühle zum VEB Feinspinnerei Gückelsberg, der Rechtsnachfolge der Firma „Tetzner und Sohn“, die sie an die Gemeinde Markersdorf verkaufte. Der Verkauf ist allerdings aus rechtlicher Sicht fraglich, da die Firma Tetzner nach dem Krieg zu Unrecht enteignet worden ist. Die Firma sympathisierte wohl offensichtlich nicht besonders mit der Führung im 3. Reich.
Anfang der 1970er Jahre verfügte die Gemeinde Markersdorf unter Führung des Bürgermeisters Zieche, das die Mühlgräben vollständig mit Asche (ZII) verfüllt werden. Darauf errichteten dann  die Anwohner in Eigeninitiative Garagen und Schuppen.

Soweit meine Recherchen zur Geschichte der Mühle, weitere Informationen finden sich im Zeitstrahl.
Alle Angaben ohne Gewähr, Änderungen werden vorbehalten, die Historie wird bei Bedarf ergänzt.

Quellenangaben:
· Funde vor Ort, welche bei Schacht- und Sanierungsarbeiten gefunden wurden,
· das Buch zum 100jährigen Bestehen der Firma „Tetzner & Sohn“, 1910,
· Gespräche mit Zeitzeugen, die zwischen 1900 und 1925 in der Mühle geboren sind bzw. da wohnten,
· Nachfragen beim Gemeindepfarrer und auf dem Gemeindeamt,
· Akteneinsicht im Staatsarchiv Leipzig

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